Roman Gysin
EMOTIONAL
Liebe
05.07.2025 – 24.08.2025 → Pano, Vevey  
Read text by Darja Keller (D/F)

(Erste) Liebe


I Shoppi Tivoli

Zu Beginn unserer Freundschaft, da waren wir ungefähr siebzehn, hingen Jascha und ich viel im Shoppi Tivoli herum. Das Shoppi Tivoli ist ein Einkaufszentrum in Spreitenbach im Aargau, wir wohnten beide in Fahrraddistanz davon entfernt. Es wurde in den 1970er Jahren gebaut, damals gab es ein Inserat in der Neuen Zürcher Zeitung mit der Überschrift: «Wir bauen ein Paradies», und das war es für uns ja auch.

Wir trafen uns schon am Samstagvormittag und tranken Kaffee auf der Treppe vor dem Shoppi. Ich fing wegen Jascha mit dem Kaffeetrinken an. Am Nachmittag bei Hitze teilten wir uns auf derselben Treppe eine Schachtel Kirschen. Manchmal, wenn es schon Abend war, reichten wir uns an der Bushaltestelle noch eine Tüte Pommes hin und her, und Jascha überliess mir die letzten auf dem Boden der Tüte, die, die am salzigsten sind.

Wir berieten uns beim Kauf von Kleidung. Einmal probierte ich ein Kleid an, violett, mit einem breiten Taillen-Gürtel. Es war figurbetont, ein Woll-Polyester-Gemisch, die Farbe ein wenig grell, von New Yorker.

Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse. Das gefällt dir wohl nicht, sagte ich. Doch, sagte Jascha, doch, ich mag es. Ich dachte, solche Dinge sind nicht so deins, sagte ich.
Sind sie auch nicht, sagte Jascha. Ich mag sie an dir, nicht an mir.

Jascha und ich waren zwei Pole. Anfangs hatte ich das Gefühl, ich müsste mich Jaschas Pol annähern, damit Jascha mich mochte. Aber dann merkte ich, dass Jascha mich an meinem Pol sehen konnte und es mochte, dass ich dort war.

Jascha mochte die weiche Wolle meiner Strickjacke und den Polyester meiner Röcke und Oberteile. Ich mochte die schwere Baumwolle der Bandshirts, die Jascha trug.

Ich hatte Freude an der Künstlichkeit, der Verfremdung. Auf der Klassenfahrt in Neuchâtel kaufte ich mir bei Metro ein kleines Latextäschchen mit der Aufschrift «Bitch». Wenn ich es im Bus vom Dorf in die Stadt trug, machten die Männer Sprüche. Jascha stand neben mir, fing an, über etwas anderes zu reden, und hielt meine Hand.

Jascha nahm mich zu Punk-Konzerten mit, die mir gefielen. Ich sprach nicht davon, welche Musik ich allein auf dem CD-Player hörte, wenn ich abends in meinem 90er-Bett lag: I talked to your dad, go pick out a white dress.

Ich merkte schnell, dass ich Jascha immer schreiben konnte, zu jeder Tag- und Nachtzeit, und immer eine Antwort bekam. Jascha trug das Handy immer in Hosentasche. Bei mir war das damals noch anders. Mein rotes Tastenhandy war noch kein Teil meines Körpers.

Einmal, als wir im Shoppi Tivoli auf der Passage auf einer Bank sassen und Eis assen, spielten die Lautsprecher den Song, den aus meinem Zimmer. Er war damals überall. Ich sang leise mit. Als ich zu Jascha hinüberschaute, sah ich plötzlich, dass Jascha dasselbe tat. Wir konnten beide den ganzen Text auswendig.

Ich übernachtete einige Male bei Jascha, und jede Nacht rückten wir ein wenig näher. In der dritten küssten wir uns, und dann küssten wir uns die ganze Nacht. In den Wochen danach bekam ich immer Herzklopfen, wenn ich Jaschas Pantene-Pro-V-Shampoo bei jemandem roch, dabei war dieses Shampoo damals sehr verbreitet und beliebt.


II Möwenpick / Fressbalken

Die Autobahnraststätte in unserem Dorf befindet sich am Fuss eines kleinen, waldbedeckten Hügels, ein kleiner Spaziergang vom Dorfinneren entfernt. Das bedeutet, wenn du im Wald spazieren gehst, hörst du die Autobahn rauschen. Ich habe in diesem Wald Fahrrad fahren gelernt. Als ich das dann konnte, hat meine Oma mich auf Ausflüge zur Raststätte mitgenommen. Der steile Abhang am Schluss war die Belohnung. Dann gingen wir in die Autobahnraststätte, das Möwi, das sich als Brücke von einer Seite der Autobahn zur anderen erststreckt. In der Mitte der Brücke, gleich an den Panoramafenstern, die Möwenpick-Eisdiele. Wir holten uns beide ein Schälchen Eis, setzten uns auf die hohen Barhocker am Fenster, schauten auf die Rücken der Autos hinunter und fragten uns, wo sie hinfuhren. Seltsamerweise fuhren sie in meinem Kopf immer in den Urlaub, Südfrankreich, Toskana, Istrien.

Mit neunzehn verbrachte ich den letzten Sommer in unserem Dorf. Im Herbst, der mir unendlich weit weg vorkam, würde mein Studium beginnen. An einem warmen Sonntagabend spazierten Jascha und ich los vom Haus meiner Eltern bis zum Möwenpick hinunter, etwa eine halbe Stunde Fussweg. Es war Sonntag und die normalen Läden hatten geschlossen. Wir kauften ein, ich weiss noch, wie erwachsen ich mich fühlte, weil Jascha die teuren Steinpilz-Tortellini aus dem Kühlregal aufs Band legte, als wäre es ein ganz besonderer Tag. Ich dagegen: zwei Becher Schokoladenpudding und Zigaretten. Wir hielten uns an den Händen auf dem Weg durchs Möwenpick, machten verschämte Witze über den Erotikshop Magic X. Auf dem Spielplatz legten wir uns in die Korbschaukel, ich rauchte eine Zigarette. Wir gingen mit Plastiktüten in den Händen zurück durch den Wald.

Eine Raststätte ist immer etwas zutiefst Sentimentales und Melancholisches, ein Ort der Sehnsucht nach der Ferne, ein Ort der Durchreise. Ein Ort der Tristesse nur für Leute, die ihn nicht kennen. Ein Fenster zur Welt.

Auf dem Weg nach Hause wollte ich, dass Jascha ein paar Fotos von mir machte, in meinem weissen Sommerkleid vor dem dunkelgrünen Sommerwald, ich lehnte mich an die Stämme und schaute immer an der Handykamera vorbei in die Ferne wie Taylor Swift in den Videos.

Jascha zeigt mir, während wir Steinpilztortellini essen – Jascha spiesst immer ein ganzes mit der Gabel auf und schiebt es sich in einer fliessenden Bewegung in den Mund – auf meinem Laptop Youtube-Videos von Rose and Rosie. Jascha erzählt mir: Ich schaue die seit Jahren. Und Jascha erzählt mir von anderen lesbischen Youtube-Pärchen, wer sich kürzlich getrennt hat und warum. Wir schauen uns Rose and Rosies Hochzeit zusammen an, und ich muss ein bisschen weinen.

Als wir uns trennen, klingelt Jascha an der Haustür meiner Eltern und bringt mir einen Stapel Klamotten mit, die ich im Billy-Regal neben Jaschas Bett gelagert hatte, darunter das violette Pulloverkleid. Ich gab Jascha ebenfalls einige T-Shirts und Pullis zurück, aber nicht das H&M-Shirt von Nirvana, das wir zusammen im Tivoli gekauft hatten.


III Letzipark

Jascha und ich trennten uns, bevor wir richtig erwachsen wurden. Wir gingen nahtlos von einer Beziehung in eine Freundschaft über.
Wir waren Teil einer Gruppe von Freunden, die alle wegwollten. Wir zogen zusammen mit zwei anderen Freunden in eine alte, befristete Wohnung am Rande der Stadt.

In den ersten Wochen nach unserem Einzug schliefen wir alle im Wohnzimmer, Jascha, die beiden anderen und ich. Wir waren eingezogen, wir hatten ein Mobility-Auto gemietet, der Tag war lang gewesen, wir waren aufgekratzt, müde und wie betrunken von unserer Unabhängigkeit und von allem, was uns bevorstand. Wir zogen an die Stadtgrenze zwischen Zürich und Schlieren, auf die Zürcher Seite, also: in die Stadt. Unsere Wohnung lag in einer Häuserzeile mit niedrigen Decken und bedeckten Balkonen. Wir hatten einen grünen Innenhof, es gab viele Katzen. Wir wohnten in der Nähe des Briefsortierzentrums Mülligen. Wir wohnten an der Tramlinie 2.

Wir waren es gewohnt, zu viert im gleichen Zimmer zu schlafen, vielleicht wollten wir das deshalb machen in unserer ersten Nacht und auch die Nächte darauf: Weil wir es all die vergangenen Jahre so getan hatten, wir hatten ständig beieinander übernachtet, weil irgendjemand nicht mehr nach Hause gekommen war. Die Jahre in Bussen und Regionalzügen und Bars, im Shoppi Tivoli und im Möwenpick und in dem einen Café unten am Fluss, in dem wir alle einmal gearbeitet hatten; die Jahre – auf den Bahnsteigen, neben denen die Züge unglaublich schnell vorbeifuhren, wenn ich an zu Hause denke, denke ich nur an dieses Geräusch von einem vorbeirasenden Schnellzug, nicht zu nahe an die Schiene stehen. Wir waren plötzlich in unserer eigenen Wohnung, wir waren in der Stadt (knapp), wir waren Hochstapler, es war eine subventionierte Wohnung und befristet auf zwei Jahre, aber wer weiss schon, was in zwei Jahren ist.

Die Wohnung hatte vier Zimmer und eine Küche und ein Bad, einen kleinen überdachten Balkon, in der Küche einen Gasherd und eine Neonlichtröhre darüber. Jascha hängte Bandposter und Kunstplakate auf, räumte all die mir vertrauten Dinge ins Billy-Regal, Hoodies, bedruckte Socken, das eine Shirt für besondere Anlässe, englische Bücher, Graphic Novels und Bildbände.

Am ersten Februarwochenende war es sonnig, die ersten warmen Tage, die Autos auf der Badenerstrasse kurbelten die Scheiben runter, Männer zogen verwundert die Pullis über den Kopf und sonnten sich in schwarzen T-Shirts vor den Imbissen am Strassenrand. Nach zwei Wochen in der Stadt hatten wir alle unsere Fahrräder im Innenhof angeschlossen, unsere Spiegel an die Wand gehängt, unsere IKEA-Kleiderstangen aufgestellt. Uns fehlte es an kleinen Dingen, an die wir bisher nicht gedacht hatten: Dübel, Klebband, Edding, Salatbesteck, Glasreiniger, Kerzen, ein Kissenbezug. Also machten wir einen Ausflug ins Einkaufszentrum Letzipark. Wir stiegen auf unsere Fahrräder, laut Google Maps dauerte es acht Minuten, alles die Badenerstrasse runter in Richtung Stadt. Wir besuchten den riesigen Coop und kauften teure Lebensmittel. Wir besuchten Manor und kauften einen Kerzenständer. Wir gingen in die Männerabteilung von H&M und ich beriet Jascha beim Kauf eines Jacketts. Wir fühlten uns wie zuhause.

Dann gingen wir alle zusammen ins Coop-Restaurant und assen Kuchen und tranken Caotina. Danach war es draussen dunkel. Als wir gemeinsam unsere Fahrräder aufschlossen, bemerkten wir, dass wir zu viel gekauft hatten, um alles auf ihnen zu transportieren. Wir mussten die Fahrräder schieben. Es wurde kalt auf dem Weg und wir waren müde.

Am selben Abend wollte ich unbedingt noch ausgehen, und wir nahmen den Bus Richtung Innenstadt, Richtung Langstrasse. Wir standen eine halbe Stunde Schlange vor einem Club und zahlten zu viel Eintritt, deshalb konnten wir uns keine Getränke mehr leisten. Wir tanzten, oder wippten eher, wir wussten die Bewegungen zur Musik nicht, ich fühlte mich beobachtet, mein Rock, meine Stiefel mit Absatz erschienen mir albern im Vergleich zu den Klamotten der anderen Leute, die grosse schwarze Shirts und knöchelfreie Hosen trugen. Als ich von der Toilette zurückkam und Jascha mit einer anderen Frau knutschte (schwarzes Shirt, knöchelfreie Hose), lief ich nach draussen, setzte mich vor dem Eingang des Clubs auf den Bürgersteig und weinte wie in einem Film. Einer unserer Mitbewohner kam raus, setzte sich neben mich und zündete sich schweigend eine Zigarette an.

Im Nachtbus nach Hause legte Jascha den Arm um mich. Wir sprachen nie mehr darüber, warum ich geweint hatte. Aus schlechtem Gewissen briet ich am nächsten Morgen Pfannkuchen für alle; ich verzierte sie mit bunten Streuseln, die ich in den Tiefen des Letziparks gefunden habe. Danach machten wir zu viert einen Spaziergang an der Sonne und streichelten die Katzen im Innenhof. Ich balancierte auf allen Mäuerchen und stützte mich auf Jaschas Schulter ab. Ich fühlte mich frei und glücklich wie ein Kind.

Wir zeigten auf die Häuser im Quartier, sagten: Schau, ein Hallenbad, hier können wir mal schwimmen gehen; ein Ortsmuseum, das wir mal besuchen können; eine Bar, ein Kebabstand, eine Gelateria. Eine Autogarage, ein Matratzengeschäft. Ich finde in einem Umzugskarton das Nirvana-Shirt von Jascha, das ich seit Jahren zum Schlafen trage; am nächsten Tag falte ich es und lege es in Jaschas Zimmer aufs Bett.






(Premier) amour


I Shoppi Tivoli

Au début de notre amitié, on devait avoir à peu près 17 ans, Jascha et moi traînions souvent au Shoppi Tivoli. Le Shoppi Tivoli est un centre commercial à Spreitenbach en Argovie, on pouvait y aller à vélo depuis le village où on habitait. Il a été construit dans les années septante; à l’époque il y avait eu une annonce dans la Neue Zürcher Zeitung ; elle portait le titre Nous construisons un paradis et pour nous, c’en était un.

On se retrouvait le samedi matin pour boire un café sur l’escalier devant le Shoppi. C’est avec Jascha que j’ai commencé à boire du café. L’après-midi, quand il faisait chaud, on se partageait une boîte de cerises sur le même escalier. Parfois, le soir, on se passait un cornet de frites et Jascha me laissait les dernières frites du fond, les plus salées.

On se conseillait pour acheter des habits. Une fois, chez New Yorker, j’essayai une robe violette, avec une large ceinture à la taille. Elle était près du corps, d’un mélange de laine et de polyester, un peu criarde.

Je fais un tour sur moi-même. Tu n’aimes pas, dis-je. Si, dit Jascha, si, j’aime bien. Je croyais que ce genre de choses n’étaient pas trop ton style, dis-je. Et c’est vrai, dit-iel. Je les aime bien sur toi, par sur moi.

Jascha et moi étions deux pôles. Au début j’avais l’impression que je devais me rapprocher du pôle de Jascha pour qu’iel m’apprécie. Mais plus tard je remarquai que Jascha pouvait me voir à ma propre place et aimait bien que je sois ce pôle-là.

Jascha aimait la laine douce de mes vestes en tricot et le polyester de mes jupes et mes hauts. J’aimais la laine lourde des t-shirts de groupes de rock que Jascha portait.

J’avais du plaisir à jouer avec l’artifice, le détournement. Lors d‘un voyage de classe à Neuchâtel, je m’étais acheté chez Metro un petit sac en latex avec le mot Bitch dessus. Quand je le portais dans le bus qui allait du village à la ville, les hommes me faisaient des commentaires. Jascha se tenait à côté de moi, commençait à parler d’autre chose et me tenait la main.

Jascha m’amenait à des concerts de punk qui me plaisaient aussi. Je ne lui parlais pas de la musique que j’écoutais toute seule sur mon lecteur de CD le soir, dans mon lit de nonante centimètres : I talked to your dad, go pick out a white dress.

Rapidement, je remarquai que je pouvais toujours écrire à Jascha, à n’importe quelle heure du jour et de la nuit. A chaque fois je recevais une réponse. Jascha portait toujours son portable dans la poche de son pantalon. Pour moi, c’était différent : mon portable à touches n’était pas encore une partie de mon corps.

Une fois, au Shoppi Tivoli, alors qu’on mangeait une glace sur un banc du passage, la chanson, celle que j’écoutais dans ma chambre, commença à retentir des haut-parleurs. On l’entendait partout à l’époque. Je me mis à chanter doucement avec. Quand je regardai vers Jascha, je vis soudainement qu’iel faisait pareil. On connaissait les deux le texte entier par coeur.

Je dormis quelques fois chez Jascha, et chaque nuit on se rapprochait un peu plus. La troisième nuit on s’embrassa, et ensuite on s’embrassa toute la nuit. Les semaines qui suivaient, mon coeur commençait toujours à battre quand je reconnaissais l’odeur du shampoing Pantene-Pro-V de Jascha sur quelqu’un. C’était pourtant un shampoing très répandu et populaire à l’époque.


II Möwenpick

Dans notre village, l‘aire d‘autoroute se trouve au pied d’une petite colline recouverte de forêt, à juste une petite promenade depuis le centre du village. Donc quand tu te promènes en forêt, tu entends le bruit de l’autoroute. C’est dans cette forêt que j’ai appris à faire du vélo. Une fois que je savais en faire, ma grand-mère m’amenait parfois faire des escapades sur l’aire d’autoroute. Il y avait une pente raide à la fin du chemin, et c‘était la récompense. On allait ensuite à l’aire d’autoroute, qu’on appelait le Möwi et qui forme un pont d’un côté de l’autoroute à l’autre. Au milieu du pont, à côté du panorama, il y avait un marchand de glace Möwenpick. On prenait chacune un petit gobelet de glace, on s’asseyait sur les hauts tabourets de bar à la fenêtre, on regardait le dos des voitures en bas et on se demandait où elles allaient. Dans ma tête, bizarrement, les voitures allaient toujours en vacances : au Sud de la France, en Toscane, en Istrie.

J’avais dix-neuf ans quand j’ai passé mon dernier été dans notre village. En automne, saison qui me paraissait infiniment lointaine, j’allais commencer mes études. Lors d’un dimanche soir où il faisait chaud, Jascha et moi marchions depuis la maison de mes parents jusqu’au Möwenpick, à environ une demi-heure à pied. On avait fait du shopping et je me souviens encore de m’être sentie si adulte quand Jascha avait posé l’assiette hors de prix de tortellini aux bolets du rayon frais sur le tapis roulant, comme si la journée était particulièrement spéciale. Pour moi par contre, c’était deux flancs au chocolat et des cigarettes. On se tenait la main à travers le Möwenpick, on se faisait des blagues gênées sur le magasin érotique Magic X. Sur la place de jeu, on s’allongea dans une balançoire en osier, je fumai une cigarette. On rentra avec des sacs en plastique dans les mains à travers la forêt.

Une aire d’autoroute est toujours un lieu profondément sentimental et mélancolique, un lieu de nostalgie du lointain, un lieu de passage. Une fenêtre sur le monde. L’aire d’autoroute est un lieu de tristesse seulement pour les gens qui ne la connaissent pas.

Sur le chemin de la maison, je voulais que Jascha prenne quelques photos de moi, dans ma robe d’été blanche devant la forêt estivale verte foncée, je m’appuyais aux troncs des arbres et regardais toujours au loin, à côté de la caméra, comme Taylor Swift dans sa vidéo.

Pendant qu’on mange des tortellini aux bolets – Jascha arrive toujours à piquer une grande bouchée avec sa fourchette et à se la mettre dans la bouche en un seul mouvement fluide – Jascha me montre des vidéos YouTube de Rose and Rosie sur mon ordinateur portable. Iel me raconte : Je regarde ça depuis des années. Et iel me parle d’autres couples lesbiens de YouTube, de ceux qui se sont séparés récemment, et pourquoi. Quelques mois plus tard, on regarde ensemble le mariage de Rose and Rosie et je pleure un peu.

Quand on s’est séparés, Jascha sonna à la porte de chez mes parents et me rapporta une pile de fringues que j’avais stockés dans l’étagère Billy à côté de son lit, y compris la robe-pull violette tout en bas. Je lui rendis aussi quelques t-shirts et pulls, mais pas le t-shirt H&M de Nirvana qu’on avait acheté ensemble au Tivoli.


III Letzipark

Jascha et moi nous sommes séparés avant de devenir vraiment adultes. On a passé de manière fluide d’une relation amoureuse à une amitié.
On faisait partie d’un groupe d’amis qui voulaient tous partir. On emménagea tous ensemble dans un appartement loué pour une durée déterminée en périphérie de la ville.

Lors des premières semaines de notre emménagement, on dormait tous ensemble dans le salon, Jascha, les deux autres et moi. On avait emménagé, on avait loué une voiture avec Mobility, la journée avait été longue, on était survoltés, fatigués et comme ivres de notre indépendance et de tout ce qui nous attendait. On avait emménagé au bord de la ville, entre Zurich et Schlieren, du côté de Zurich, soit: en ville. Notre appartement faisait partie d’une ligne de maisons avec des plafonds bas et des balcons couverts. On avait une cour intérieure verte où il y avait beaucoup de chats. On habitait près du centre de tri postal de Müllingen. On habitait sur la ligne du tram 2.

On était habitués à dormir à quatre dans la même pièce, c’est peut-être pour ça qu’on voulait faire ça la première nuit et les nuits d’après : parce qu’on avait tout le temps fait comme ça les années d’avant, on dormait constamment les uns chez les autres parce que je ne sais qui ne pouvait plus rentrer chez soi. Ces années dans les bus, les trains régionaux et les bars, au Shoppi Tivoli et au Möwenpick et au café en bas vers le fleuve où on avait tous travaillé une fois; ces années – sur les quais de gare au bord desquels les trains passent incroyablement vite. Quand je pense à chez moi, je ne pense qu’à ce bruit d’un train à grande vitesse qui roule à toute allure, à ne pas se tenir trop près de la voie. On était soudainement dans notre propre appartement, on habitait (presque) en ville, on était des imposteurs, c’était un appartement subventionné, son bail était limité à deux ans, mais qui savait où l’on en serait d’ici deux ans.

L’appartement avait quatre pièces, une cuisine et une salle de bain, un petit balcon couvert, et dans la cuisine une cuisinière à gaz avec un tube de néon au-dessus. Jascha colla ses posters de musique et ses affiches d’art au mur et rangea toutes ses affaires que je connaissais bien dans l’étagère Billy : pulls à capuche, chaussettes imprimées, le t-shirt pour les occasions particulières, ses livres en anglais, bande-dessinées et albums photo.

La dernière semaine de février, il faisait un temps ensoleillé, c’étaient les premières journées chaudes, les voitures baissaient leur vitre sur la Badenerstrasse, les hommes enlevaient leurs pulls en les glissant sur leur tête l’air surpris et bronzaient dans des t-shirts noirs devant les bistrots et kiosques du bord de la rue. Après deux semaines en ville, on avait déjà tous rangé nos vélos dans la cour intérieure, suspendu nos miroirs au mur, montés nos barres de vêtements IKEA. Il nous manquait des petites choses auxquelles on n’avait pas encore pensé : des chevilles pour les vis, du scotch, des stylos indélébiles, des services à salades, du détergent pour vitres, des bougies, une taie d’oreiller. On fit alors une excursion de groupe au centre commercial Letzipark. On prit nos vélos ; le trajet durait huit minutes d’après Google Maps ; tout droit sur la Badenerstrasse direction la ville. On fit un tour dans l’immense Coop et on acheta des aliments chers. On alla chez Manor et on acheta un chandelier. On alla au rayon pour homme de H&M et je conseillai Jascha qui voulait s’acheter un blouson. On se sentait comme à la maison.

On alla ensuite tous ensemble au restaurant de la Coop pour manger du gâteau et boire du Caotina. Puis il se fit sombre dehors. Lorsqu’on ouvrit les cadenas de nos vélos, on réalisa qu’on avait acheté trop de choses pour tout transporter en roulant. On avait dû pousser nos vélos. On avait eu froid sur le chemin, on était fatigués.

Le même soir, je voulais absolument sortir et on prit tous le bus en direction du centre-ville, direction Langstrasse. On fit la queue pendant une demi-heure à l’entrée d’une boîte où on paya l’entrée trop cher, donc on pouvait plus se permettre de s’acheter des boissons. On dansa, ou plutôt on se balança – on ne savait pas trop comment danser sur cette musique, je me sentais observée, ma jupe, mes bottes à talons me paraissaient ridicules à côté des fringues des autres gens, tous en grands t-shirts noirs et en pantalons sans cheville. Quand je revins des toilettes et que Jascha flirtait avec une autre fille (t-shirt noir, pantalon sans cheville), je sortis et m’assis devant l’entrée de la boîte sur le trottoir et pleurai, comme dans un film. L’un de nos colocataires sortit aussi, s’assit à côté de moi et s’alluma une cigarette sans rien dire.

Dans le bus de nuit, Jascha passa son bras autour de moi. On ne parla jamais de pourquoi j’avais pleuré. Le lendemain, par mauvaise conscience, je fis des crêpes pour tout le monde ; je les décorai avec des flocons multicolores que j’avais trouvés dans les tréfonds du Letzipark. On fit une promenade à quatre au soleil, on caressa les chats dans la cour intérieure. Je marchais en équilibre sur les murets et m’appuyais sur l’épaule de Jascha. Je me sentais libre et heureuse comme un enfant.

On se montrait les bâtiments du quartier, on se disait : regarde, une piscine municipale, on pourrait y aller nager une fois; regarde, un musée local, on pourrait le visiter; un bar, un kebab, une gelateria. Un garage automobile, un magasin de matelas. Dans un carton de déménagement, je trouve le t-shirt Nirvana de Jascha que je porte depuis des années comme pyjama; le jour suivant, je le plie et le dépose dans la chambre de Jascha sur son lit.

Photo: Julien Gremaud

Rrose Tree
07.07.2024 – 06.10.2024 → Lustwarande, Tilburg, Netherlands  
Read text by Chris Driessen

A typical farmyard gate of the kind that might be found in an idyllic village in Switzerland or Belgium formed the inspiration for Rrose Tree II by Roman Gysin (b. 1984, lives and works in Zürich). However, the gate in front of you no longer bears any resemblance to the entrance to a farmyard. The wooden façade is painted in a shade of pale pink and decorated with a beige wall object. When you walk through the gate, a white-painted rear side reveals itself. Rather than gaining access to a farm, you are admitted to the artistic world of Roman Gysin. This begins with the title: the double r is a subtle nod to the pseudonym of the surrealist artist Marcel Duchamp: Rrose Sélavy.

With his sculptural works, Gysin skilfully questions traditional patterns of perception and the social significance of objects and materials. The starting point of Gysin’s work is his interest in ‘decorations’ and his exploration of specific materials – in this case, wood. He photographs such decorative phenomena and documents them for inspiration. Central to his research is the potential of materials and decorative elements to transform themselves into something else. The game with decoration is an attempt to re-evaluate the term, that decoration is not dismissed as negative. It's about reinterpreting decoration and opening up a different perspective.

This search for transitional zones stems from Gysin’s interest in ‘queering’: a method that can be used to explore and challenge issues such as gender, sexuality, masculinity and femininity. By critically examining the boundaries between decoration and art, mundanity and originality, he examines the value judgements about taste, social class and culture that are often unconsciously linked to such concepts.

This results in an artistic practice in which classical value systems are reinvented. Art and decoration are equal for Gysin; decorations have just as much potential to become art as the other way around. In Gysin’s opinion, materials that are normally associated with less affluential settings, such as polyester and wooden laminate, rather than the silk and veneer that higher social classes might use, also contain infinite possibilities. The wall object on the front of Rrose Tree II is evidence of this vision; it is as much a part of the work of art as the wooden beams that make up the gate or the branches lying next door in the forest.

Photo: Gert Jan van Rooij

Uni
28.10.2023 – 08.12.2023 → Kali Gallery, Luzern, with Mitchell Anderson and Hannah Sophie Dunkelberg  
Read text by Martin Jäggi (E/D)

“UNI” is a peculiar word. When you read or hear it, it immediately seems familiar, and usually the context gives a clear meaning to the word. However, when it stands for itself, its meaning becomes intangible. Is it an abbreviation for “university,” does it denote monochromaticity, is it the French participle of “unir” (to unite)? Or does it even denote an edible Japanese sea urchin or an Etruscan goddess? In its combination of ostensible familiarity and semantic ambiguity, it fits perfectly with the three artists in this exhibition, whose works take familiar elements from everyday life, be they materials, techniques, or image types, and use them to create objects whose possible radius of meaning becomes increasingly unstable and abysmal the longer one looks at them. Seductive at first glance, flirting with the decorative, they turn out to be insidious in the best sense of the word, tilting images that refuse to make clear sense and instead play their games with the viewer.
Roman Gysin probes the social charges of materials, the “class struggle of taste,” as he calls it. The lifeworld of socially upper classes is usually characterized by materials with high-quality connotations, processed in accordance with the rules of “good taste.” In less affluent milieus, people must know how to help themselves if they want to create a living environment that appeals to them visually, the impression of a modest abundance that lifts life out of the dreariness. They often resort to imitations, polyester instead of silk, wood laminate instead of veneer. The decoration strategy does not follow “good taste” but longings, just as the imitation is a longing that has become material. There is something rebellious, queer about the imitation, the inauthentic, the semi-authentic, a refusal to accept the normative status quo. The pink lacquered pieces of wood on the floor seem to ironically mock wood as the epitome of dignified naturalness and authenticity. Whether they are “real“ or not is not visible to the eye, but their coloration and surface texture immediately reveal them to be products of the petroleum age; it is natural to read them as fakes. Real wood appears here as imitation wood, we see the imitation of an imitation, a completely paradoxical object. The pieces of wood in the wall installation cannot be pinned down either, they are brought into a geometric structure with straps reminiscent of handbags, illusory nature and illusory luxury intertwine in a constellation reminiscent of Minimal Art and Arte Povera—aesthetics that in certain milieus are considered to be the epitome of “good taste” and which appear here as just another look that can be quoted.



„UNI“ ist ein eigenartiges Wort. Liest oder hört man es, wirkt es sogleich vertraut und meist ergibt sich aus dem Kontext eine eindeutige Bedeutung des Wortes. Steht es jedoch für sich selbst, wird seine Bedeutung ungreifbar. Steht es nun als Kürzel für „Universität“, bezeichnet es Einfarbigkeit, ist es das französische Partizip von „unir“ (vereinen)? Oder bezeichnet es gar einen eßbaren japanischen Seeigel oder eine etruskische Göttin? In seiner Verbindung von vordergründiger Vertrautheit und semantischer Uneindeutigkeit paßt es trefflich zu den drei Künstlern in dieser Ausstellung, deren Arbeiten vertraute, aus dem Alltag bekannte Elemente aufnehmen, seien es nun Materialien, Techniken oder Bildtypen, und sie zur Herstellung von Objekten verwenden, deren möglicher Bedeutungsradius immer unstabiler und abgründiger wird, je länger man sie betrachtet. Auf den ersten Blick verführerisch, mit dem Dekorativen flirtend, entpuppen sie sich als hinterhältig im besten Sinne, Kippbilder, die eindeutigen Sinn verweigern und stattdessen mit dem Betrachter ihre Spiele treiben.
Roman Gysin tastet die sozialen Aufladungen von Materialien ab, den „Klassenkampf des Geschmackes“, wie er es nennt. Die Lebenswelt gesellschaftlich gehobener Schichten zeichnet sich meist durch hochwertig konnotierte Materialien aus, den Regeln des „guten Geschmackes“ folgend verarbeitet. In weniger bemittelten Milieus müssen die Menschen sich zu helfen wissen, wenn sie eine sie visuell ansprechende Lebenswelt gestalten wollen, die Anmutung eines bescheidenen Überflusses, der das Leben aus der Tristesse hebt. Oft greifen sie dabei auf Imitate zurück, Polyester statt Seide, Holzlaminat statt Furnier. Die Dekorationsstrategie folgt nicht „guten Geschmack“, sondern Sehnsüchten, so wie das Imitat eine Material gewordene Sehnsucht ist. Dem Imitat, dem Unechten, Halbechten wohnt etwas aufrührerisches, queeres inne, eine Weigerung, den normativen Status Quo zu akzeptierend. Die rosa lackierten Holzstücke auf dem Boden scheinen ironisch Holz als Inbegriff gediegener Natürlichkeit und Authentizität zu verspotten. Ob sie „echt“ sind oder nicht, ist von Auge nicht zu erkennen, durch ihre Farbigkeit und Oberflächenbeschaffenheit jedoch geben sie sich sogleich als Produkte des Erdölzeitalter zu erkennen, es liegt nahe, sie als Fakes zu lesen. Echtes Holz erscheint hier als Holzimitat, wir sehen das Imitat eines Imitats, ein gänzlich paradoxes Objekt. Auch die Holzstücke in der Wandinstallation lassen sich nicht festmachen, sie werden mit an Handtaschen erinnernden Riemen in ein geometrisches Gefüge gebracht, Scheinnatur und Scheinluxus verschränken sich in einer Konstellation, die an Minimal Art und Arte Povera denken läßt – Ästhetiken, die in gewissen Milieus als Inbegriffe „guten Geschmacks“ gelten und die hier als ein bloßer weiterer Look erscheinen, der zitiert werden kann.

Photo: Kim da Motta

Messestall
16.11.2023 – 19.11.2023 Art Cologne → Galerie Christian Lethert, Köln  
Read text by Cornelia Kratz (D)

Mit seinen skulpturalen Werken hinterfragt der Schweizer Künstler Roman Gysin gekonnt tradierte Wahrnehmungsmuster und die sozialen Aufladungen von Materialien. Im Rahmen der New Positions 2023 präsentiert Gysin eine großformatige Installation sowie Wand- und Bodenarbeiten, die mit der Materialität von Holz sowie dem Akt des Dekorierens spielen. Eine spannende, queere Reaktivierung der Polaritäten zwischen Kunst und Dekoration.

Photo: Luisa Stricker

Woody Shopper
04.03.2023 – 20.05.2023 → Kunsthalle 8000, Wädenswil  
Read text by Lori Hersberger (D)

Gysin hat für seine erste Einzelausstellung in einer Kunsthalle eine raumgreifende Installation konzipiert, in der er eine Serie von neuen Werken präsentiert. Der Künstler erweitert damit die Palette seiner früheren Ausdrucksformen und knüpft dabei formal wie inhaltlich an seine bisherigen Werkserien an. Ausgangspunkt bildet dabei das Interesse für dekorative Phänomene im Alltag, sowie die intensive Auseinandersetzung mit spezifischen Materialien. Im Zentrum der Untersuchungen steht deren Transformationspotenzial im Sinne einer Gegenüberstellung der Ästhetik, die sich in Randzonen des Übergangs bewegt: der Dekoration, der Fetische, aber auch des Alltäglichen und Unscheinbaren. Roman Gysin ist fasziniert von den visuellen, taktilen und romantischen Qualitäten von Satinstoffen, metallenen Verbindungselementen und Holzfundstücken aus der Natur. Die Originalität von Gysins künstlerischer Praxis rührt von einer queeren Reaktivierung der Polaritäten zwischen Kunst und Dekoration und deren ästhetischen Erkundungen über Geschmack, Werte und soziale Klassen.

„Woody Shopper“ ist eine Hommage an das Holz. Der Künstler hat über Google „Woody“ gesucht und dann „Woody Shopper“ (hölzener Einkäufer) gefunden: eine Tasche der Modemarke Chloé, gross und weich mit langen Henkeln, um die Tasche über der Schulter zu tragen. In Roman Gysins Werken geht es weniger um die logischen Abläufe konzeptioneller Natur, als vielmehr um die Modularität und Personalisierung von Gegenständen aus der Einrichtungsindustrie. Die Erotik und luxuriöse Lifstyles aus dem Marketing und der Popkultur haben bis heute nicht aufgehört, auf unsere Neugierde zu zielen. Gysin greift auf den Minimalismus zurück, der sich als Lifestyle äussert. Sein künstlerisches Konzept ist letztlich Teil des Projekts der Queerisation und Sexualisierung von Objekten: die unpersönliche, vermeintlich von jeglicher Symbolik losgelöste Ästhetik bestehender, minimalistischer Kunst, die ihr subjektives Unterbewusstsein freizusetzen vermag. Denn der Postminimalismus hat uns vorgeführt, dass Primärstrukturen durch ihren Bezug auf den Körper identitätsbildend sein können. Auf die „Erhabenheit“ einer Kunst, die sich der Populärkultur bedient, sie qualifiziert, klassifiziert und sich dadurch von ihr distanziert, antwortet Roman Gysin mit einem sowohl amüsierten als auch einfühlsamen Blick auf kommerzielle oder volkstümliche Ausdrucksformen. Die intensive Sorgfalt, die er dabei investiert, spiegelt den Versuch wider, das uns umgebende Interieur zu verschönern und es einladender, noch verführerischer zu gestalten. Das Werk von Roman oszilliert zwischen der Parodie kleinbürgerlicher Banalität und der Hommage an rührende Aufmerksamkeiten, ohne dabei zu urteilen. Die Weise, wie er sie gleichberechtigt und vereinend behandelt, steht sinnbildlich für seine Arbeitspraxis und legt dabei eine gründliche Kenntnis von Wertesystemen und deren Rekonfiguration zu Tage. Der Künstler deutet Gesetztes um, indem er das zum dekorativen verkommene Nachleben des Minimalismus inszeniert und zugleich auf die Wichtigkeit der Dekoration – die in der bildenden Kunst meist als lächerlich kritisiert wird – verweist. Als Ausdruck des Selbst, der individuellen Sensibilität und der kreativen Arbeit.

Photo: Flavio Karrer

Deep Decor
06.05.2021 – 16.05.2021, Toxi, Zürich  
Read text by Daniel Berndt (E/D)

When queers use spaces, spaces might become queer.
Sara Ahmed [1]

Function gives birth to the sign, but this sign is reconverted into the spectacle of a function.
Roland Barthes [2]

Whether it‘s a gay sex club, a nail salon, or a pizzeria, the interior and décor define the space and determine its function. In the case of the three examples mentioned, this often happens in an almost stereotypical way: The use of certain materials, colors, motifs, furniture and other furnishings, aim at a context-bound recognition effect, appealing to the taste of the masses. Interior design designates and norms spaces for specific experiences, the consumption of goods and services, for the indulgence of a lifestyle. Beyond its function, the interior thus becomes a sign. The décor, a metaphor. In his exhibition „Deep Decor,“ Roman Gysin negotiates the use and sign value of objects and their “depth dimension,” which, according to Roland Barthes, results from the fact that the superficial forms of everyday objects stimulate a multifaceted imagination. Things are thus simultaneously charged with symbolic meanings that need not have anything to do with their primary function.[3] In this context, the works presented in the exhibition appear as quasi-abstract ambiguous figures that on the one hand are declared as works of art, fundamentally deprived of a practical purpose, and on the other hand partly distinguish themselves in their form precisely by fulfilling a function.

By means of the format of the exhibition as installation or the installation as exhibition, Gysin arranges elements of his characteristic formal language, such as disguising, scattering, veneering, sanding, hanging, and network-ing, in a constellation that occupies, furnishes, and structures the space in equal measure. This creates a scenographic dynamism that directs the viewer‘s lines of sight and movement into two diagonals running in opposite directions. Taking up the premises of Minimal Art, in which the work appears reduced to its pure objecthood and unfolds its effect primarily in relation to its placement in space and the perception of the viewer, Gysin‘s wall-works and sculptures also allow for an interpretation of content. While one side of “Trennwand” [Divider] gives the impression that its components are industrially manufactured, the other side ostentatiously displays the traces of its creation and the nature of the materials, wood and canvas, Gysin works with. Contrary to a renunciation of the artistic gesture celebrated by Minimal Art, Gysin rather makes his creative process the subject, as well as the meaning of art as a carrier of discourse and its use as functional decor: “Trennwand” [Divider] can thus be seen symbolically as a caesura or a conundrum. However, the sculpture functions equally as a barrier and a system of guiding people. “Rampe” [Ramp], in turn, epitomizes a device that serves to transform power in order to use it as expediently as possible. Gysin undermines the hierarchy between art and décor by emphasizing the symbolic content of both, or what Barthes calls “the spectacle of a function.”[4] In the course of this, he creates, so to speak, a reordering of things that does not shy away from the grotesque in the sense of its original meaning according to Horace: the non-observance of orders or formal principles, the deviation from the norm.
In this sense, his examination of use and sign value, of the depth dimension of material and objects, can also be considered a form of perversion of “queer use.” According to Sara Ahmed, “queer use” is about releasing potential that is already inherent in things and how they have taken shape: “Queer use could be what we are doing when we release that potential.”[5] Gysin‘s works simultaneously embody and launch queer modes of use by testing out new fields of meaning in the metaphorics of the everyday, beyond categorical fixations and attributions.



When queers use spaces, spaces might become queer.
Sara Ahmed [1]

Die Funktion bringt das Zeichen hervor, aber das Zeichen wird in das Schauspiel einer Funktion zurückverwandelt.
Roland Barthes [2]

Ob schwuler Sexclub, Nagelstudio oder Pizzeria, Interieur und Dekor zeichnen den Raum aus, bestimmen seine Funktion. Im Fall der drei genannten Beispiele geschieht dies oftmals auf nahezu stereotype Art und Weise: Die Verwendung von bestimmten Materialien, Farben, Motiven, Möbeln und anderen Ausstattungsgegenständen zielen kontextgebunden auf einen Wiedererkennungseffekt, appellieren an den Geschmack der Masse. Die Innenausstattung und gestalterische Konventionen designieren und normieren Räume für spezifische Erfahrungen, den Ausstauch von Dienstleistungen, dem Konsum von Waren, dem Frönen eines Lifestyles. Über seine Funktion hinaus wird das Interieur damit einhergehend zum Zeichen, das Dekor zur Metapher. In seiner Ausstellung „Deep Decor“ verhandelt Roman Gysin Gebrauchs- und Zeichenwert von Objekten und deren „Tiefendimension”, die sich nach Roland Barthes daraus ergibt, dass die vordergründigen Formen von All-tagsgegenständen zugleich eine vielgestaltige Imagination anregen. Dinge sind somit mit symbolischen Bedeutungen aufgeladen, die nicht in erster Linie etwas mit ihrer Funktion zu tun haben müssen.[3] Die in der Ausstellung präsentierten Arbeiten erscheinen in diesem Zusammenhang als quasi-abstrakte Kippfiguren, die einerseits als Kunstwerke deklariert, grundsätzlich einer praktischen Zweckbestimmung enthoben sind und sich andererseits teils in ihrer Form gerade durch die Erfüllung einer Funktion auszeichnen.

Mittels des Formats der Ausstellung als Installation bzw. der Installation als Ausstellung arrangiert Gysin Elemente seiner charakteristischen Formensprache wie das Verstellen, Streuen, Verkleiden, Verblenden, Verschleifen, Behängen und Vernetzen in einer Konstellation, die den Raum gleichermassen besetzt, ausstaffiert und strukturiert. Es wird dadurch eine szenografische Dynamisierung erzeugt, welche die Blick- und Bewegungsrichtungen der Betrachter:innen in zwei entgegengesetzt verlaufende Diagonalen lenken. Prämissen der Minimal Art aufgreifend, in der das Werk auf seine reine Objekthaftigkeit reduziert erscheint und seine Wirkung primär in Relation zu seiner Platzierung im Raum und der Wahrnehmung der Betrachter:innen entfaltet, lassen Gysins Wandarbeiten und Skulpturen stets jedoch auch eine inhaltliche Deutung zu. Während eine Seite von „Trennwand“ den Anschein erweckt, als wären ihre Bestandteile industriell gefertigt, stellt die andere Seite die Spuren ihrer Entstehung und die Beschaffenheit der von Gysin bearbeiteten Materialien Holz und Leinwand ostentativ zur Schau. Entgegen einer von der Minimal Art zelebrierten Abkehr von der künstlerischen Geste macht Gysin seinen Schaffensprozess vielmehr zum Thema, ebenso wie die Bedeutung von Kunst als Träger von Diskursen und ihrem Gebrauch als funktionales Dekor: „Trennwand“ kann somit sinnbildlich als Zäsur oder als Vexierbild betrachtet werden. Die Skulptur fungiert jedoch gleichermassen als Barriere und Personenleitsystem. „Rampe“ wiederrum steht als Inbegriff für eine Vorrichtung, die der Umwandlung von Kraft dient, um diese möglichst zweckmäßig einzusetzen. Gysin unterminiert die Hierarchie zwischen Kunst und Dekor, indem er den symbolischen Gehalt von beiden bzw. das, was Barthes „das Schauspiel einer Funktion“[4] nennt, herausstellt. Er schafft im Zuge dessen gewisser-massen eine Neuordnung der Dinge, die auch nicht vor dem Grotesken im Sinne seiner ursprünglichen Bedeutung nach Horaz zurückscheut: dem Nichteinhalten von Ordnungen oder Gestaltungsprinzipien, der Abweichung von der Norm.
Seine Auseinandersetzung mit Gebrauchs- und Zeichenwert, mit der Tiefendimension von Material und Objekten kann in diesem Sinne auch als eine Form der Pervertierung, des „queer use“ erachtet werden. Bei diesen „queeren Verwendungsformen“, geht es Sara Ahmed zufolge darum, Potential freizusetzen, das bereits in den Dingen und darin begründet liegt, wie sie Gestalt angenommen haben: „Queer use could be what we are doing when we release that potential.“[5] Gysins Werke verkörpern und lancieren zugleich queere Verwendungsweisen, indem sie in der Metaphorik des Alltäglichen neue Bedeutungsfelder, jenseits kategorischer Fest- und Zuschreibungen austesten.

[1] Sara Ahmed, What’s the Use? On the Uses of Use, Durham/London 2019, p. 200.
[2] Roland Barthes, Semantics of the Object in: ibid. The Semiotic Challenge New York 1988.
[3] Roland Barthes, The Imagination of the Sign in: A Barthes Reader edit. by Susan Sontag New York 1982, p. 216.
[4] Roland Barthes, Semantics of the Object in: ibid. The Semiotic Challenge New York 1988, p. 190.
[5] Sara Ahmed, What’s the Use? On the Uses of Use, Durham/London 2019, p. 200.

Photo: Flavio Karrer

Embodiment
08.04.2022 – 31.04.2022 → Livie Gallery, Zürich, with Ralph Bürgin and Sofía Durrieu  

Really Rustic
03.09.2021 – 30.10.2021 → Galerie Christian Lethert, Köln  
Read text by Cornelia Kratz (E/D)

Galerie Christian Lethert is delighted to show the first exhibition of Swiss sculptor Roman Gysin. “Really Rustic” combines wall objects with an installation by the artist which reflect his analysis of materiality and its possibilities of transformation as well as the fascination for decorative phenomena in everyday life and their potential for distinction.
A partition wall obstructs direct access to the exhibition space. The exhibition space can only be accessed by following the route defined by the artist where his wall installations are presented. The objects feature different techniques and materials and only the horizontal structure reoccurs in all his works as also in the way of hanging. Narrow wooden battens covered in lustrous satin fabric invoke contradictory associations with ventilation shafts and iridescent lady’s blouses; coarsely chopped wooden beams covered with fabric have an effect like boulder walls; and the work, which leaves the wooden material visible, is draped with fine chiffon, suggesting folds reminiscent of the paintings of old masters. Gysin plays masterfully with contradictions and polarities and this is also how the title of his exhibition “Really Rustic” should be conceived: It is worth questioning whether the attribution “rustic, robust, dignified” should be emphasized or merely exposed as an alleged attribution.



Die Galerie Christian Lethert freut sich, die erste Ausstellung des Schweizer Bildhauers Roman Gysin zu zeigen. „Really Rustic“ vereint Wandarbeiten und eine Installation des Künstlers, die allesamt seine Auseinandersetzung mit Materialität und deren Möglichkeiten der Transformation sowie die Faszination für dekorative Phänomene im Alltag und deren Distinktionspotential widerspiegeln.
Eine Trennwand verwehrt den direkten Zugang zum Ausstellungsraum. Nur indem man der vom Künstler vorgegebenen Wegführung folgt, kann der Raum betreten werden, den Gysin mit einer Präsentation seiner neuen Wandarbeiten bestückt hat. Die Objekte weisen ganz unterschiedliche Techniken und Materialien auf und nur die horizontale Struktur findet sich in allen Werken wie auch in der Hängung wieder. Schmale, mit schimmerndem Satin überzogene Hölzer rufen widersprüchliche Assoziationen an Lüftungsschächte oder changierende Damenblusen hervor; grob gehackte, mit Stoff bespannte Holzbalken wirken wie Bruchsteinwände; und das Werk, dass das Material Holz sichtbar belässt, ist mit feinem Chiffon drapiert und lässt Faltenwürfe auf den Gemälden alter Meister erahnen. Gysin spielt gekonnt mit Widersprüchen und Polaritäten und so muss auch der Titel seiner Ausstellung „Really Rustic“ verstanden werden: Ob die Zuschreibung „rustikal, robust, gediegen“ betont oder nur als vermeintliche Zuschreibung entlarvt werden soll, lohnt sich zu hinterfragen.

Photo: Ann Christine Freuwörth

Heavy Satin I
24.01.2020 – 14.03.2020 → Last Tango, Zürich, with Lisa Biedlingmaier and Manon Wertenbroek  
Read text by Arianna Gellini and Linda Jensen (E)

Gysin leads us into a world of riddles and “faux-play.” Decoration, the uncanny, the fetish, the everyday and unapparent are key to his art. There is something Goberesque in the trap doors and caricatured stone wall sculptures. Their affinity to Gober lies in the fact that they are “kind of camp-objects”: they are a bit too much, exaggerated, theatrical and at times effeminate. There is a truth and celebration to be found in sentimentality and the artifice, two things that have historically been often mocked. This labeling could be positively understood. As in Dominic Eichler‘s writings on Gober‘s practice: “This [too much] is in no way intended as a denigration of their impact, on the contrary, it is part of their unique quality... enhancing them.” However, Gysin‘s delicately manipulated sculptures at the same time also pertain to a minimalist vocabulary. There is a sense of introspection in the act of making: an endearing commitment to craft and detail, be it in the tailoring of satin or the custom-made shaped canvases. This illusion of the genuine is one that Gysin plays with. His sculptures and installations at times warp the real creating seductive impressions of girly soft ribbons and iridescent metal surfaces or the sense of coarseness with soil-covered ropes. There is an antithetical quality to his work: a genuine sincerity in the artificial and a desire to escape the everyday. Yet, it unravels all sorts of strangeness in the ordinary. Is the trapdoor a mystical entrance that leads to somewhere else, a dungeon or a castle? Or is it a prop from disneyland?

Upon entering the exhibition space we come to to step on and into Gysin‘s work “Floorspreadmixture Nº 3” (2018). An artificial staging of litter and with its à la Felix Gonzales Torres gesture of participation, the visitor is able to walk amidst scattered bark dust, bean pods, painted branches, leaves, jewelry fragments They are poetic meditations on outside/inside and public/private space. Yet this litter is a special one. It is a simulated situation. The jewelry is reminiscent of the pickings of magpies with their urge to steal sparkly things for their nests. Chantal Küng remarks that Gysin “plays with the wishes of the viewer; who hasn‘t hoped to find something incredibly valuable... but the act of really picking something up from the ground inevitably brings with it a strange kind of shame; a desire, an unattributable hope, is revealed, that becomes public, and not only this; the moment of value attribution, the decision about ‘valuable’ versus ‘waste’ becomes visible.”

“Floorspreadmixture Nº 3” is also reflective of a personal routine: Gysin takes pleasure in taking breaks from working and strolling around the suburban neighborhood of his studio in Schwerzenbach. A place with pockets of nature yet still urban. Perhaps Gysin has a feeling of “urban ambivalence” idealizing the suburb as being in-between countryside and the city (Beauregard, 2006). Suburbia is home to laid-back vibes with shopping centers, fast food restaurants and gardens, but also holds the desire in keeping up with appearances. Guillaume Guilherme notes the following: “Roman Gysin is not focused on luxury, for example; rather he is moved and fascinated by the efforts that people of lower economic classes invest in decorating their spaces. This is not a position of Art’s superiority over the aesthetic environment of lower classes; rather, it is a looking into the widespread human reflex to appropriate space, to personalize, or domesticate, one’s interior.” Gysin‘s value attribution brings to mind Robert Smithson‘s alternative and positive perspective on the suburban ruin that is evident in his ground-breaking 1967 article The Monuments of Passaic. A rusty sign is turned into a monument, the suburban landscape becomes a site that is already in decay before it starts to physically crumble.

Gysin‘s “Welcome Home” (2018), “Hanging Out with Strangers 6” (2020) and “Upper Westside” (2016) are wall sculptures made up of textured volumetric blocks that are irregularly assembled forming a stone-like wall. Their making involves a laborious process of chipping wood with a special forestry tool called a bill hook. The individual pieces are covered in canvas and treated with a glue-chalk or green earth mixture. Assembled together they hint at masonry, a fragment made up of twenty-some compartmentalized parts. A hybrid of painting and sculpture there is something suggestive of postwar abstract shaped canvases of the 1960s.

Attached on the surface of “Welcome Home” is a red ribbon bow. The associative image of the ribbon bow goes far and beyond. One could think of a bourgeois young girl wearing a bow hair tie, to a prancing pony having just won a competition or as decoration for lingerie fasteners on a plump thigh. Apparently in the world of tattoos bow ties, follow a symbolic color-coded system, just like the hanky code (employed usually among the gay male casual-sex seekers or BDSM practitioners). The origin of the ribbon bow comes from the love knot, whereupon the first love knots were thought to be tied by sailors and given to loved ones as signs of affection before leaving for the sea as the knot symbolized the entangling of lovers. In “Hanging Out with Strangers 6” we see satin and ropes coming through the slits, a cheeky yet soft protrusion. The twisted ropes might make one think of Rapunzel‘s braid.

“Satinbilder” [Satin Images] (2019) are a series of satin panels with a minimalist and geometric abstract vocabulary. Playing with appeal of surface and three-dimensionality their sensuousness is in contrast with the orchestrated flatness of the vertebrae-like or ventillation-like structure. It is perhaps reminiscent of Donald Judd‘s metallic stacks. Gysin has been looking into the history of satin: “During the Middle Ages satin was reserved for the wealthy and stood for exclusivity. Today satin is a synthetic substance (synthetic fibres) though originally it was made from a natural raw material (silk).”

Photo: Kilian Bannwart

Heavy Satin II
19.11.2020 – 15.12.2020 → Topic, Geneva, with Lisa Biedlingmaier and Manon Wertenbroek Curated by Arianna Gellini and Linda Jensen, Zürich  

Temporary Space
14.07.2017 – 24.08.2017, Werk- und Atelierstipendien der Stadt Zürich, Helmhaus, Zürich  
Read text by Chantal Küng (E/D)

In his works, Roman Gysin deals with the crossing between art and decoration and the social connotations inherent in decorative actions. The work “Temporary Space (decorated version)“ unfolds on the ground and could indicate a past or future ritual, it also evokes associations with mappings and notations. The installation is a demarcation field and an invitation in equal measure to cross the border. Roman Gysin’s works refer on one hand to fetish and cult objects as the origins of artistic production and thematize the contemporary function of decoration in a context of, in Gysin’s words, “class struggle of the taste“.



Roman Gysin setzt sich in seinen Arbeiten mit Übergängen von Kunst und Dekoration auseinander und den sozialen Konnotationen, welche dekorativen Handlungen innewohnen. Die Arbeit „Temporary Space (decorated version)“ entfaltet sich auf dem Boden und könnte auf ein vergangenes oder kommendes Ritual hinweisen, ebenso weckt sie Assoziationen an Mappings und Notationen. Die Installation ist Demarkationsfeld und gleichermassen Einladung zur Grenzüberschreitung. Roman Gysins Arbeiten verweisen einerseits auf Fetisch-und Kultobjekte als Ursprünge von künstlerischer Produktion und thematisieren die zeitgenössische Funktion von Dekoration und Kunst im Kontext eines, in Gysins Worten, „Klassenkampf des Geschmacks“.

Photo: Flavio Karrer

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